Artikel vom 21.05.2012
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Vorstoß Homo-Ehe: Westerwelle fordert Ende der Diskriminierung
Marry gay, völlig okay. Nach US-Präsident Barack Obamas kürzlichem Eintreten für die Homo-Ehe wagt sich auch Außenminister Guido Westerwelle, selbst in eingetragener Lebenspartnerschaft liiert, aus der Deckung - im Namen der Bundesregierung. Rückt die komplette Gleichstellung homosexueller Paare in greifbare Nähe?
Gleichbehandlung auf dem Prüfstand
1994 schaffte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) §175 des Strafgesetzbuches ab. Seither sind sexuelle Handlungen zwischen Männern nicht mehr strafbar. Obwohl die Standesämter homosexuelle Beziehungen seit August 2001 als Lebenspartnerschaften eintragen, warten viele Paare, jetzt hinsichtlich Güter-, Erb- und Unterhaltsrecht gleichberechtigt, noch immer auf ihre komplette Gleichstellung vor dem Gesetz. Denn CDU/CSU, unter deren Anhängern sich eine eigene Homosexuellen-Organisation formte, sperren sich dagegen, Homo-Ehen die einkommenssteuerrechtlichen und gemeinschaftlichen Adoptionsrechte zuzugestehen, wie sie Heteropaare längst genießen. Letzteres beschäftigt jetzt die Verfassungsrichter: Verstößt das Adoptionsverbot gegen den im Grundgesetz verbrieften Gleichbehandlungsgrundsatz?
Mehrheit für Ende der Diskriminierung
US-Präsident Barack Obamas aktueller Vorstoß in der Frage gibt der Diskussion auch in Deutschland neue Nahrung: Nicht nur Oppositionspolitiker, auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nennt Obamas pro Homo-Ehe eingestellte Marschrichtung - sogar im Namen der Bundesregierung - einen "mutigen Schritt", der der Politik entspräche, die "wir im deutschen Bundestag mit Mehrheit verfolgen". Und auf Englisch fügt Westerwelle hinzu, es sei "okay to marry gay". Westerwelle weiß, wovon er redet: Selbst mit Sportrechtsmanager Michael Mronz in eingetragener Lebenspartnerschaft, ist er zudem der einzige Außenminister weltweit, der sich offen zu seinem Schwulsein bekennt.
Merkel soll Position beziehen
Die Grünen fordern derweil endlich Nägel mit Köpfen. Es sei ein Skandal, so Parteivorsitzende Claudia Roth, dass Kanzlerin Angela Merkel auch elf Jahre nach der Legalisierung homosexueller Lebenspartnerschaften trotz einer Mehrheit in der Bevölkerung für die Gleichstellung noch immer an der Diskriminierung Homosexueller festhielte.
Ihr Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck, selbst bekennend schwul lebend, hat Merkel jetzt aufgefordert, sich ein Beispiel an Obama zu nehmen - sie habe selbst das Wort "homosexuell" noch nie öffentlich in den Mund genommen. Obama habe sich angesichts der im Vergleich zu Deutschland weitaus konservativeren amerikanischen Diskussion um Sexualmoral weit vorgewagt. Und die lesben- und schwulenpolitische Sprecherin der Linken, Barbara Höll, fordert eine fraktionszwangsfreie Abstimmung im Bundestag "über die Eheöffnung", um allen Homosexuellen die Eheschließung zügig zu ermöglichen.