Artikel vom 31.07.2019

Divers: Eintrag im Personenstandsregister ändern - das braucht es dazu



Mann, Frau oder - divers, das dritte Geschlecht! Mit dem 1. Januar 2019 haben Initiativen im Kampf gegen Klischees und Schubladendenken einen Sieg errungen. Wie die WAZ jetzt vermeldet, wurde in Mülheim bis dato noch kein Wechsel auf divers beim dortigen Standesamt registriert. Eine revolutionäre wie gewöhnungsbedürftige Neuerung im Personenstandsregister - welchen Regeln unterliegt sie?

Divers: Intersexuelle mit Merkmalen beider Geschlechter

Für Nordrhein-Westfalen insgesamt vermeldet das Innenministerium inzwischen 27 als divers eingetragene Intersexuelle, die über Merkmale beider Geschlechter verfügen. Außerdem ist auch ein Verzicht auf die Geschlechtereintragung jetzt möglich. Dabei rückt das Thema Geschlechtsumwandlung in den Hintergrund: Hier geht der Gerichtsbeschluss bereits jetzt automatisch ans Standesamt, das die Änderung in Geburtenregister und Geburtsurkunde veranlasst. Divers betrifft vor allem Menschen, die durch die Ärzte schon als Kind nicht eindeutig als weiblich oder männlich eingeordnet werden konnten. Wenn es gut läuft, denn noch immer nehmen Ärzte ohne medizinische Notwendigkeit operative Anpassungen im Genitalbereich vor - für Amnesty International eine Menschenrechtsverletzung.

Bundesverfassungsgericht: Geschlechtliche Identität durch Persönlichkeitsrecht geschützt

Eine intersexuelle Person, die beim Standesamt als Mädchen eingetragen war, brachte den Stein ins Rollen - und klagte. In der Pubertät zeigte sich, dass weibliche Eierstöcke zwar vorhanden, aber ohne Funktion waren - und das Kind nur über ein X anstelle zweier XX Chromosomen verfügte. Für das Bundesverfassungsgericht steht geschlechtliche Identität unter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - Fälle, in denen sich jemand dauerhaft weder männlichem noch weiblichem Geschlecht zuordnen ließen, zählen dazu. Die Kategorie "fehlende Angabe" sei nicht geeignet, individuelle Geschlechteridentität zu stiften und verstoße zudem gegen das Diskriminierungsverbot. Divers als Kategorie meint - medizinisch diagnostizierte - Varianten der Geschlechtsentwicklung. Kategorien, die keinesfalls in Stein gehauen sind: Wer als Kind als divers eingetragen ist, kann diese Zuordnung durch eine Erklärung auf dem Standesamt ändern oder streichen lassen.

Standesbeamte für Lebenswirklichkeit Betroffener sensibilisieren

Per Attest lässt sich der Personenstand beim Standesamt ändern. Dieses bescheinigt, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Alternativ versichert der Betroffene dies an Eides statt. An das Attest sind keine konkreten Anforderungen wie medizinische Details, Diagnosen, Gutachten oder amtsärztliche Untersuchungen geknüpft. Niemand muss sich rechtfertigen, auch die attestierenden Ärzte nicht. Dennoch hakt die Handhabung im Standesamt noch, klagen Betroffenen-Initiativen: Es fehlten Schulungen, die Standesbeamte für die Lebenswirklichkeit solcher Menschen sensibilisierten. So sind Fälle bekannt, in denen anstelle eines psychologischen Attests oder einer eidesstattlichen Erklärung das Attest eines Urologen gefordert wurde. Standesbeamte könnten hier nicht ablehnen, so Andreas Heinz, Vorsitzender des sächsischen Fachverbandes der Standesbeamten. Gibt es Zweifel, müsse der Standesbeamte weitere "Mitwirkung an der Amtshandlung" ablehnen und den Betreffenden an das zuständige Gericht verweisen.

Voraussetzungen für den Eintrag als divers

Voraussetzung ist eine so genannte "Variante der Geschlechtsentwicklung". Dies bedeutet, dass eine medizinische Diagnose über eine Inkongruenz der Geschlechtschromosomen, der Gonaden oder des Genitals vorliegt. Um den Eintrag in divers zu ändern, ist eine Erklärung gegenüber dem Standesamt abzugeben - persönlich unterschrieben und öffentlich beglaubigt, entweder beim Notar oder direkt im Standesamt. Hinweis: Eine bewusst falsche Versicherung an Eides statt ist eine strafbare Handlung. Übrigens gibt für Personen unter 14 Jahren der gesetzliche Vertreter diese Erklärung ab. Ist die Personen zwischen 14 und 18, muss der gesetzliche Vertreter der Änderung in divers zustimmen. Tut er dies nicht, entscheidet das Familiengericht. Zuständig ist stets das Standesamt des Geburtsortes. Falls dieser nicht in Deutschland liegt, nimmt das Standesamt , das Eheregister oder Lebenspartnerschaftsregister desjenigen führt, die Eintragung vor. Unverheiratet? Dann ist das Standesamt am Wohnort zuständig. Sie wohnen momentan im Ausland? Wenden Sie sich an das Standesamt Ihres letzten Wohnortes. Und trifft keine der Varianten zu, erledigt das Standesamt I Berlin den Eintrag.

Divers-Gesetz gilt nicht für Transsexuelle

Das neue Gesetz ist ein Erfolg für Vereine, die sich gegen sexuelle Diskriminierung engagieren. So dass Ärzte inzwischen auch Transsexuellen, die sich, obwohl körperlich eindeutig, nicht als männlich oder weiblich verstehen, entsprechende Atteste ausstellen - obwohl das Gesetz für sie nicht gilt. Daher rechnet das Standesamt Leipzig beispielsweise "perspektivisch" mit Prüffällen. Kritiker bemängeln, es stünde dem Staat gar nicht zu, männlich, weiblich oder divers als solches in Schablonen zu pressen. Andere wieder sehen in zu weiter Auslegung eine Abkehr von naturwissenschaftlichen Grundsätzen der Geschlechtsbestimmung. Wie auch immer - schon jetzt wird der Auszug aus dem Personenstandsregister, der endlich als "divers" ausweist, von Betroffen begrüßt. Als ein Beweis, dass sie, ebenso wie alle anderen - wie Mann oder Frau - Teil der deutschen Gesellschaft sind.

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