Artikel vom 21.07.2014

Türkische Eheleute: Europäischer Gerichtshof kippt Deutschtest-Zwang



Um den archaischen Brauch der Zwangsheirat zu bekämpfen und gleichzeitig die Integration zu fördern, hatte die Bundesregierung 2007 den Sprachtest für aus der Türkei nachziehende Ehepartner eingeführt. Jetzt entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH): Dieser Zwang zum Nachweis von Deutschkenntnissen ist illegal. Türken, die zu ihrem Partner nach Deutschland ziehen möchten, können dies ab jetzt auch ohne Deutschkenntnisse tun. Ein Urteil mit Signalwirkung.

Urteil: Sprachtest beschränkt Niederlassungsfreiheit

Seit sieben Jahren ist dieser Sprachtest für Ehepartner von Ausländern aus nicht EU-Staaten, die nachziehen möchten, Pflicht. Der Gedanke dahinter: Verhindern, dass Deutschtürken den Partnernachzug zur Zwangsverheiratung missbrauchen. Sprich, einige Deutschtürken, die in der Bundesrepublik Fuß gefasst haben, beauftragen noch immer ihre Familie in der Türkei, eine passende Ehefrau für sie zu suchen. Kommt die Braut nach einer Hochzeit unter gemeinschaftlichem Druck und gegen ihren Willen nach Deutschland, kann sie sich hier nicht einmal verständlich machen, um ihre Rechte wahrzunehmen - ein Sprachtest sollte vorbeugen. Jetzt kippt der EuGH diese Regelung unter Berufung auf das deutsch-türkische Stillhalteabkommen der frühen 1970er (Rechtssache C-138/13). Dieses verbietet, die Niederlassungsfreiheit türkischer Gastarbeiter, in den 1960ern zahlreich angeworben, zu beschränken, Nachzug der Familie eingeschlossen. Doch die Bundesregierung hatte Einzelfälle nicht berücksichtigt, sondern alle Deutschtürken über einen Kamm geschoren. Unverhältnismäßig, so der Europäische Gerichtshof, denn die Zahl der Zwangsehen sei vergleichsweise gering.

Sprachbarrieren: Teuer und kostspielig

Geklagt hatte die türkische Ehefrau eines seit 1998 in Deutschland lebenden Mannes: Das zuständige Berliner Gericht rief den EuGH an, der eine Einzelfallentscheidung traf. Denn das aktuelle Urteil gilt nur für Deutschtürken und deren Ehepartner. Partner anderer Ausländer unterliegen weiter dem Sprachtest-Nachweis. Dabei ist Zwangsheirat, wenn überhaupt, nur unter Türken, Afghanen und Serben üblich. Bei anderen Nationalzugehörigkeiten spielt sie kaum eine Rolle. Trotzdem baut der Sprachtest, vor allem für Ehepartner aus China oder Russland, riesige Sprachbarrieren auf: Hier ist nicht nur der Grundwortschatz, sondern zusätzlich das lateinische Alphabet zu erlernen. So zieht sich die Trennungsphase in die Länge. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das verlangte Zertifikat A1 des Goethe-Instituts oft nur in den Hauptstädten erwerben lässt. So investieren Ehepaare viel Geld und Zeit. Trotzdem scheitern einige noch immer an Fragen, die Kenntnis der deutschen Kultur erfordern - all dies wäre vor Ort in Deutschland leichter.

Erleichterte Familienzusammenführung, aber nur für Türken

Kein Wunder, dass der Sprachtest auf Zuwanderer wie eine Schikane wirkt. Ohne Unterschied wird ihnen unterstellt, ihre Ehefrauen zu unterdrücken oder nicht integrationswillig zu sein. Der Sprachtest, offiziell als Integrationsinstrument erdacht, erweist sich in der Praxis als Integrationshemmnis. Denn ein Deutschtest als Bedingung für den Ehegattenzuzug erschwert die Familienzusammenführung, statt sie zu erleichtern, befanden die Luxemburger Richter. Jedoch sei diese unverzichtbar, um türkischen Erwerbstätigen, die in der EU arbeiteten,ein Familienleben zu ermöglichen. Es fragt sich allerdings, ob sich ein Ingenieur aus Indien angesichts dieses Urteils jetzt willkommener in Deutschland fühlt, sobald er seine Ehefrau nachholen möchte: Vielleicht hätte der EuGH die Regelung für alle Zuwanderer, nicht nur für die Türken, kippen sollen.

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